Interview: Tommy und Werner Krappweis – Teil 1
Auf der diesjährigen HobbitCon hatten wir die Gelegenheit, uns ausführlich mit Tommy Krappweis und seinem Vater Werner zu unterhalten. Dabei ging es natürlich um Sportlerkind, das neue, gemeinsam geschriebene Buch der Beiden, doch auch die Zukunft von Tommys beliebter Romanheldin Mara aus Mara und der Feuerbringer wurde erörtert. Außerdem erzählte Tommy ausführlich von seinem Leben als kreatives Allroundgenie und woher seine scheinbar unerschöpflichen Ideen stammen. Wir hatten mächtig viel Spaß bei diesem Interview und euch geht es beim Lesen hoffentlich nicht anders!
Tommy, wir sind große Fans deiner Buchreihe Mara und der Feuerbringer, haben aber auch Ghostsitter und Das Vorzelt zur Hölle regelrecht verschlungen und freuen uns jetzt sehr auf den Genuss von Sportlerkind. Woher nimmst du nur all die guten Ideen?
Tommy: Naja, das kommt drauf an … also, Das Vorzelt zur Hölle und diese Dinge, die sind ja direkt aus meinem Leben abgeschrieben, das war nicht so wahnsinnig schwierig. Da setze ich mich einfach hin und tippe. Bei Mara und der Feuerbringer war es so, dass ich ursprünglich eine Fernsehserie schreiben sollte, eine deutsche Mysteryserie. Dann habe ich mich aber so sehr in die Idee von Mara und ihrer Geschichte verliebt, dass da eigentlich nichts mehr von dem eigentlichen Auftrag übrig blieb, und ich stattdessen gesagt habe „Da muss ich jetzt ein Buch schreiben“. Ich hab 38 Jahre gebraucht, bis ich zum ersten Mal eine Idee hatte, die mir so gut gefallen hat, dass ich ein Buch drüber schreiben wollte. Ich glaube nicht daran, dass man einfach irgendwas schreibt, weil man gerne Autor ist, sondern man muss für irgendetwas brennen. Das war bei Mara dann der Fall. Und bei Ghostsitter war es so, dass ich mir gedacht habe „So, nach diesem ganzen wissenschaftlichen Recherche-Wahnsinn möchte ich jetzt einfach was schreiben, wo ich nicht jedes mal den Professor Simek fragen muss, ob ich das auch schreiben darf“. Das war der Grund für dieses Buch, ganz einfach.
Wie schaffst du es nur so viele Projekte, teilweise ja sogar gleichzeitig, zu realisieren?
Tommy: Erstens langweile ich mich schnell. Zweitens ist es so, dass ich gerne verschiedene Sachen mache, bei denen die Chance groß ist, dass irgendeins von den Dingen toll funktioniert. Und man darf nicht vergessen, dass ich mit diesen ganzen Dingen, zusammen mit der bumm Film GmbH, ja meinen Lebensunterhalt verdiene. Da muss man einfach mehrere Sachen machen. Wenn jetzt Ghostsitter ein Super-Mega-Seller wird, den ich weltweit millionenfach verkaufe, dann könnte es schon sein, dass ich ein bisschen weniger Bücher schreibe und mich dann mal entspannt irgendwo hinsetze und LEGO baue. So muss ich eben nachts LEGO bauen, weil ich tagsüber schreibe.
Und werden noch immer die kleinen Stop-Motion-Filme gemacht?
Tommy: Das mache ich jetzt nicht mehr, da ist der Output zu gering ist. Leider. Die Ruhe hätte ich gern wieder.
Wie war es denn, mit deinem Vater zum wiederholten Mal ein Buch zu schreiben?
Tommy: Das war ganz einfach. Wir treffen uns an einem Tag, stellen zwei Kameras auf, holen dann noch die Mutter mit dazu, reden und erinnern uns an verstörende Dinge. Dann teilen wir die Geschichten auf. Mein Vater schreibt was, ich schreib was. Er schickt mir die Sachen dann, wenn er die zusammengezweifingert hat und ich schick sie an den Lektor und dann ist das Buch fertig. Das geht wirklich erschreckend leicht.
Werner: Für dich.
Tommy: Ja. (lacht)
Werner: Für mich ist es halt zeitraubend. Und ich bin immer ganz überrascht. Da kommt einfach der Anruf und Tommy sagt, dass wir ein Buch schreiben. Zuerst hab ich gedacht wenn wir das auf Band aufnehmen, ist das erledigt – und dann hat Tommy gesagt „So, und jetzt schreib doch a moal“. Da hab ich die Geschichte geschrieben. „So, und jetzt schreibst noch a moal“, und dann hab ich wieder geschrieben und so ging das dann immer weiter.
Tommy: Ich hab dich immer jedes mal neu überrascht.
War es denn dann überhaupt von vornherein klar, dass es ein Buch wird?
Beide: Nein, nein. Das war schon klar.
Tommy: Mich nervt das, wenn etwas nicht zielgerichtet ist. Ich muss da einen Sinn dahinter sehen. Siehe Sport.
Werner: Was mich dann nervt – ich bin da ja nicht so versiert wie er – wenn ich dann fertig bin und ihm alles geschickt habe, dann denke ich „Mei, und des hätt’st noch und des hätt’st noch und des …“. Da fällt mir dann noch so viel ein …
Tommy: Das kannst du dann auf Lesungen erzählen.
Werner: Da sind ja die Lesungen nicht lang genug! (lacht)
Wie, glaubt ihr, ist es denn gekommen, dass ihr so unterschiedliche Interessen habt?
Tommy: Ich weiß es nicht genau. Mein Vater war ja zuerst da mit seinem Interesse, da musste ich mir halt was anderes suchen.
Also eine Trotzreaktion?
Tommy: Vielleicht. Es ist ja oft so bei Kindern, dass die etwas deswegen nicht wollen, weil die Eltern es machen. Ich mein, in dem Super-8-Film heute hat man ja wirklich deutlich gesehen, dass mir ein Fahrrad nicht nur nichts bedeutet, sondern auch weniger als nichts. Ich wollte es einfach nicht haben. Ich habs in meinem Hirn ausgeblendet, weil ich wusste, das einzige was mir dann blüht ist, dass ich mit meinem Vater für den Rest meines Lebens im Kreis fahre.
Werner: Ich hab mir schon vorgestellt, während ich den Kinderwagen herumgeschoben habe, wie wir miteinander durch die Gegend radeln und wie schön das sein wird in den Bergen spazieren zu gehen, miteinander Ski fahren, langlaufen …
Tommy: Hat nicht geklappt.
Tommy, was war denn das unangenehmste oder peinlichste, was dein Vater dir jemals „angetan“ hat?
Werner: Wie ich mit dir bei der Siegerehrung war! (lacht)
Tommy: Da war ich ja noch zu klein. Also, peinlich … die Lautstärke war immer so ein bisschen ein Problem. Auch bei Theaterstücken. Ich glaube in dem Modus Operandi meines Vaters bei Applaus gibt es nur diese Art, die man bei Radrennen von sich gibt: „TO-MMY! TO-MMY! GO GO GO!“ Das ist halt bei Theaterstücken mitunter ein wenig unpassend. Jetzt hat mein Vater auch eine sehr weittragende Stimme. Meine Mutter erzählt heute noch gerne vom ersten Date mit ihm, wo sie nicht etwa in einer Bar waren oder so, sondern beim Eugen Wirt. Meine Mutter war früher wirklich ein Hascherl, wie man auf bayrisch sagt, also der war alles peinlich, die war ganz still – ganz anders als heute. Dann kam sie also zum Eugen Wirt rein, alles war voll mit belederhosten Menschen und mein Vater sagte ganz laut … sag mal, wie du das sagst.
Werner: (laut und mit tiefer Stimme) Grüß Gott!
Tommy: Aber in zehnfacher Lautstärke! Dann bestellten sie einen Salat. Mein Vater hat den Salat gegessen und dabei …
Werner: (ebenfalls recht laut – und verstörend echt) Muuuuh!
Tommy: … gemacht.
Werner: Ich wollt ihr ein bisschen imponieren!
Tommy: Du wolltest ein bisschen imponieren, indem du zeigst wie toll du eine Kuh nachmachen kannst?! Und du sagst immer, das Lustige war, dass dich am Schluss alle verabschiedet haben und jeder deinen Namen kannte. Für die Mami war das schon hart.
Werner: Wir waren einmal nach dem Nationaltheater in der Maximilianstraße noch etwas essen. Und als wir durch die Straße laufen zum Lokal sagt meine Frau „Sag mal, kennen dich die eigentlich alle? Die schauen dir alle nach!“ Ich hab ja da in der Maximilianstraße gearbeitet, damals. Dann sind wir in das Lokal und haben uns hingesetzt und alle haben gelacht und gekichert. Ich hatte im Theater meinen Gürtel auf, weil das zu eng war, und da guckt aus dem Hosenschlitz mein weißes Hemd raus (lacht).
Tommy: JETZT kennen sie dich alle.
Werner: Dann hab ich zu meiner Frau gesagt „Schau mal, jetzt weiß ich, warum die alle so lachen.“ „Mein Gott! Ich will hier raus! Ich will hier raus!“ hat sie gesagt. Als wir aufgestanden sind hab ich gesagt „Braucht’s nicht schauen, alles wieder aufgeräumt!“ (lacht). Da war sie feuerrot!
Tommy: Nächste Frage. Schnell!
Wie geht es denn jetzt mit Mara weiter? Wird es denn neue Bücher oder Filme geben?
Tommy: Also, die DVD ist super gelaufen, die war ganz toll erfolgreich. Das war sehr, sehr schön, aber natürlich nicht vergleichbar mit einem Kinoerfolg, den es gebraucht hätte. Jetzt müssen sich die ganzen Partner erst mal von den vielen Millionen erholen, die sie verloren haben. Die DVD hat aber gezeigt, dass man den Film tatsächlich gut verkaufen kann, indem man eben ein Fantasycover drauf macht und ihn auch als Fantasyfilm positioniert. Das hat super funktioniert. Und ich schreibe drei neue Mara-Bücher! Die Storyline habe ich schon und fange nach dem nächsten Projekt dann damit an.
Kannst du zu der Storyline schon etwas verraten?
Tommy: Ein bisschen. Also, meine Idee ist, dass ich was mit dem Berserker-Mythos mache. Unter dem Wort Berserker versteht ja jeder irgendwie diese schlachttrunkenen, tranceartigen Krieger, die sich in die Schlacht stürzen, bekleidet mit Bären- oder Wolfsfellen, oder auch nackt. Die hören nicht auf zu kämpfen bis sie in mehrere Stücke gehackt sind. Es gibt dazu auch wissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien. Ich finde das sehr spannend, weil es gegenüber dem teilweise eher intellektuellen Plot der ersten drei Bände um etwas wirklich sehr rohes geht, dem Mara aber mit ihrem Witz erst mal nur ganz schwer etwas entgegensetzen kann. Bei einem großen, blutigen Mann mit einem Schwert, der kein Deutsch kann, ist es schwierig den irgendwie zu belabern in der Hoffnung, dass er aufhört. Das fand ich irgendwie einen ganz interessanten Ansatz. Mal gucken was sie macht. Ich bin schon ganz gespannt.
Ohja, wir auch! Wird es denn vielleicht auch einen Ghostsitter-Film geben?
Tommy: Das weiß ich noch nicht. Es gibt tatsächlich Leute – von Fernsehsendern allerdings eher – die sehr interessiert daran wären, so etwas zu machen. Kann sein, dass es am Budget scheitert, weil das schon sehr, sehr aufwändig wäre. Wir sind immer an anderen Orten, wir brauchen eine Geisterbahn, wir haben in jedem Bild einen Visual Effect. Immer. Allein die Maskenzeiten der Figuren sind schon völlig wahnsinnig. Also, da bindet man sich schon einen ganz schönen Aufwand ans Bein. Aber es gibt tatsächlich Leute, die da Lust drauf hätten. Und das bin nicht nur ich.
Sportlerkind ist ja nun gerade erst erschienen, aber ist denn vielleicht schon eine weitere Zusammenarbeit zwischen Vater und Sohn geplant?
Tommy: Ich sags mal so. Wenn Sportlerkind als Buch ein völliger Wahnsinnshit werden würde – aber das müsste schon ein sehr, sehr, sehr großer Hit sein –, könnte man überlegen, ob man einfach noch mal so eine DVD macht wie die zu Das Vorzelt zur Hölle, eben mit diesen Geschichten. Das wär das Eine. Wir könnten auch ein weiteres Buch schreiben. Geschichten haben wir erschreckenderweise wirklich genug, nur wüsste ich im Moment nicht, was man da als Oberthema nehmen sollte. Man möchte es ja dann doch irgendwie zusammenfassen. Wir haben sowohl beim Vorzelt als auch bei Sportlerkind ohnehin schon thematisch immer mal wieder so ausfasernde Sachen, die jetzt nicht direkt mit dem Thema zutun haben, aber doch irgendwie dazu passen. Ich finde es wichtig für ein Buch, dass man auf dem Buchdeckel klar sehen kann, was einen erwartet, um dann etwas zu haben, von dem man vielleicht mal abschweifen kann. Im Moment, außer weiteren biographischen Wahnsinnigkeiten, hab ich keine Idee. Aber Geschichten gibt es wirklich erschreckend viele. Es gibt ja noch ein drittes biographisches Buch, das heißt Vier Fäuste für ein blaues Auge, das ich mit dem Heinz Bründl zusammen geschrieben hab. Wir haben zusammen in diesem Westernpark No Name City gearbeitet. Solche Dinge gibt es halt schon noch mehr. Erschreckend viele, eigentlich. Für ein oder zwei Bücher würd’s bestimmt locker noch reichen.
Da dieses Interview einfach viel zu lang und zu lustig war, sodass wir es nicht kürzen wollten und konnten gibt es für euch übermorgen den zweiten Teil. Genauso ungekürzt.